Die Seegrotte in Hinterbrühl feiert ihren 80. Geburtstag und wagt anlässlich dieses Jubiläums erstmals eine Theater-Aufführung im Bergwerk. Dafür hat man sich mit „Der Mann von La Mancha“ das geradezu perfekte Stück ausgesucht.
Am Abend des 20. Januar 2012 wurden auf der so genannten Bühne im Berg gleich zwei Premieren gefeiert. Anlässlich des 80.jährigen Jubiläums verwandelt sich die Seegrotte in Hinterbrühl, nur wenige Kilometer vor den Toren Wiens erstmals in ein Theater. Nach langer Planungs- und Genehmigungsphase, so Intendant Andreas Berg, gab es im Herbst vergangenen Jahres von allen Stellen grünes Licht für das Projekt, dessen Realisierung für Berg durchaus eine Art Herzenswunsch war, seit er in seiner Studienzeit erstmals als Führer die hervorragende Akustik, aber auch die Mystik des Bergwerks kennen lernte.
Damit bleibt sich Andreas Berg treu und setzt nach wie vor auf besondere Schauplätze, die ihn, so Berg, zu außergewöhnlichen Projekten inspirieren. War es im Sommer letzten Jahres das Projekt „Geschichten aus dem Wienerwald“ in der Altstadt von Mödling als Stationen-Theater, so wählte er für sein aktuelles Projekt „Der Mann von La Mancha“ von Dale Wassermann und Mitch Leigh.
Und er hätte kein besseres Stück für diesen Schauplatz wählen können, denn nicht nur, dass er damit ein Werk auserwählte, dass mit einem überschaubaren Ensemble, bescheidenem Bühnenbild und einem kleinen Orchester auskommt, auch die Geschichte passt perfekt in die Seegrotte in Hinterbrühl.
Nachdem die Zuschauer den rund 250 Meter langen Eingangstollen durchwandert haben, finden sie sich im Festsaal der Grotte wieder, die als Schauplatz dient und sich in diesem Fall zum Verließ der spanischen Inquisition verwandelt. Dementsprechend schließen sich die schweren Holztore hinter den Zusehern, und das Spiel beginnt.
Die Zuseher schlüpfen an diesem Abend in die Rolle von Gefangenen, die als Unbeteiligte am Prozess teilnehmen, den die Insassen des Verließ über den verarmten spanischen Edelmann, Schriftsteller und Schauspieler Miguel de Cervantes abhalten. Um sich und seinen Diener irgendwie über Wasser zu halten, verdingte er sich als Steuereintreiber und pfändete Kircheneigentum, was ihn natürlich ins Visier der Inquisition brachte. Doch bevor er vor dieser Rede und Antwort steht, muss er sich zunächst dem Tribunal der Mitgefangenen stellen, wobei der Schuldspruch – ebenso wie bei der Inqisition – von Anbeginn an feststeht. Dennoch beginnt er seine Verteidigung auf die einzige ihm mögliche Art, einem Schauspiel über einen spanischen Landjunker, der dem Wahn verfällt, als fahrender Ritter Don Quixote durch die Lande zu ziehen und Heldentaten für seine Dame Dulcinea zu vollbringen. An seiner Seite der treue Diener Sancho Pansa.
Die Rolle des Cervantes übernahm in Hinterbrühl Alfons Noventa, dem es sehr gut gelingt, sowohl Cervantes mit messerscharfem Verstand als auch die verklärte Wahrnehmung eines Don Quixote überaus glaubhaft zu verkörpern. Auch zeigt er sich überaus stimmfest und kann nicht zuletzt mit dem wohl bekanntesten Titel „Der unmögliche Traum“ die Leidenschaft und bedingungslose Hingabe vermitteln, die Don Quixote, aber auch Cervantes antreibt.
Ebenso überzeugend Tamás Ferkay als quirliger, seinem Herren stets treu ergebener Sancho Pansa. Ferkay nimmt man die Bauernschleue ab, die Sancho auszeichnet und der für jede Situation ein passendes Sprichwort parat hat.
Eine Enttäuschung hingegen ist Sabine Muhar, die mit der Rolle der Aldonza bzw. Dulcinea komplett überfordert scheint. Weder schafft sie es, die Wut und Verbitterung Aldonzas zu Beginn zum Ausdruck zu bringen, noch deren Hoffnung am Ende des Stücks als sie beschließt, Dulcinea zu sein. Doch damit nicht genug, die Gesangspartie stellt eine scheinbar unlösbare Aufgabe für sie dar. Ohnedies stets verhalten vorgetragen, selbst in den an sich leidenschaftlichsten Passagen, lässt sie ihre Stimme allzuoft im Stich und höhere Töne traf sie stets zielsicher – falsch.
Ganz anders Dorothea Schütte als Antonia und selbst Cervantes Haushälterin ist mit Dany Sigel sehr gut besetzt. Auch Tristan Jorde als Gastwirt bzw. Gouverneur kann voll und ganz überzeugen, denn er umspielt die leichten Schwächen beim Gesang sehr geschickt mit schauspielerischem Können. Intendant Andreas Berg wiederum sollte auch die wenigen ihm zugeteilten Gesangszeilen meiden, denn abgesehen von diesem kleinen Fehltritt kann auch er in seiner Rolle als Herzog und Dr. Carrasco voll und ganz überzeugen.
Ganz besonders hervorzuheben ist Christoph Filler. Er verkörpert nicht nur Glaubhaft den Padre, der zwischen der nüchternen Sichtweise Dr. Carrascos und Verständnis für die Fantasien Don Quixotes schwankt, er ist auch klar der mit Abstand beste Sänger des Ensembles. Seine Interpretation von „Hab‘ deine Dulcinea“ ist einer der Höhepunkte des Abends.
Mit Korbinian Brunner sticht ein weiterer Sänger aus dem insgesamt sehr überzeugenden Ensemble hervor. Als Anselmo und somit einer der Maultiertreiber trägt er „Kleiner Fink“ vor und begleitet sich dabei selbst auf der Gitarre. Für den klassischen Gitarristen natürlich kein Problem, aber ein weiterer Höhepunkt dieser Inszenierung.
Für die Regie zeichnet übrigens der bereits genannte Tamás Ferkay verantwortlich, der die ganz besonderen Gegebenheiten in der Seegrotte Hinterbrühl exzellent zu nutzen wusste. Ein Tisch, ein paar Stühle, mehr braucht es nicht, um hier die Stimmung eines düsteren Verließ zu erzeugen, in dem Ferkay sein Ensemble vortrefflich agieren lässt.
Die musikalische Leitung obliegt Gabor Rivo, der lediglich auf Klavier, Schlagwerk, Gitarre, Bass und Keyboard setzt. Allerdings beging man den Fehler, das ohnedies sehr kleine Ensemble in einem Nebenraum zu platzieren, sodass man in den hinteren Reihen – und es gibt ohnedies nur elf – lediglich Klavier und Schlagwerk hört. Die vier Musiker hätten irgendwie auch im selben Raum Platz gefunden und die tatsächlich sehr gute Akustik des Raumes wäre perfekt genutzt worden.
Insgesamt aber muss man dem Team rund um Intendant Andreas Berg und Regisseur Tamás Ferkay zu einer sehr gelungenen Produktion gratulieren, die, wie bereits einleitend erwähnt, perfekt in die Seegrotte in Hinterbrühl passt.
Dies ist auch ein wesentliches Stichwort für den Schluss. Abendkleid und dunkler Anzug sollten in diesem Fall im Schrank bleiben. Stattdessen empfehlen wir warme Kleidung. Im Berg ist es zwar gerade jetzt im Winter mitunter deutlich wärmer als vor der Grotte, 12° sind aber dennoch nicht gerade mollig warm, vor allem, wenn man zwei Stunden sitzt. Löblicherweise findet man jedoch warme Decken, die die Veranstalter für jeden Besucher bereit legen.
Gespielt wird jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag bis einschließlich 3. März 2012. Beginn ist jeweils um 19:30. Karten gibt es an der Abendkassa bzw. in den üblichen Vorverkaufsstellen zum Preis von € 49,-, € 46,- oder € 43,-